Die
Kirche von San Faustino e Santa Giovita
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Die schriftliche Dokumentation
belegt bekannterweise die Existenz des Oratoriums der heiligen
Faustino und Giovita erst ab Beginn des 15.Jahrhunderts, als
Giovanni Menaroli in seinem Testament vom 5. August 1401 der Kirche
die Summe von 20 Geldstücken für nicht näher definierte
Reparaturen spendete. Die Struktur des Gebäudes jedoch erinnert,
besonders im Apsisteil, an die ländlichen Bauten der romanischen
Zeit und legt daher nahe, das Gründungsdatum zeitlich früher, etwa
auf das 13.-14.Jahrhundert, festzusetzen. Auf wessen Veranlassung
und für welchen Zweck es gebaut wurde ist uns jedoch nicht bekannt
: wir wissen nur, dass es am Anfang des 15. Jahrhunderts dem Pfarrer
von Sanalo in der Gegend von Brescia gehörte, der es dann seinem
Bischof Domenico Domenici überließ. Der Suffragan von diesem,
Pietro di Corfù, schenkte es dann 1469 zusammen mit
derEinsiedelei von San Felice dem Mönch der Gerolimini Pietro
Malerba, damit dieser eine neue Kongregation organisierte. Aber in
demselben Jahr verstarb Malerba und das kleine Gebäude ging,
vielleicht dank der Bemühungen des Edelmannes Antonio Calderini,
Vater des bekannten Humanisten Domizio,
in Privatbesitz über. Die Privatbesitzer verzichteten bald zu
Gunsten der Gerolimini der Santa Maria della Vittoria Nuova aus
Verona darauf. Ihre Präsenz ab den ersten Jahrzehnten des folgenden
Jahrhunderts ist belegt. Danach werden sie weggeschickt und das
Gebäude wurde als Kommende erteilt, bis es 1667 vom Paduanischen
Seminar aufgekauft wird. Das Oratorium der Heiligen Faustino und
Giovita verfiel allmählich dermaßen, – die Einsiedelei von San
Felice war bereits mit dem Interdikt belegt worden, sie noch am Ende
des 15.Jahrhunderts abzureißen -
dass der Bischof Innocenzo Liruti bei
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Der
Hauptaltar
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Gelegenheit seines
Pastoralbesuches im Oktober 1812 in Torri sich ausdrücklich bei dem
Paduanischen Seminar über den Verfall der Kirche beschwerte, in der
keine Messen mehr abgehalten und die Pflichtmessen in die Kapelle
des Seminars verlegt worden waren. In Padua schenkte man jedoch den
Klagen des Bischofs aus Verona keine große Aufmerksamkeit:
offensichtlich stellte dieses bizarre Geschenk immer mehr eine
Unannehmlichkeit dar, von der man sich so schnell wie möglich
trennen wollte. Tatsächlich verkaufte das Seminar es zusammen mit
den Gardasee - Besitztümern der alten Kongregation am 14. Oktober
1831 auf einer
öffentlichen Versteigerung in Caprino an Andrea Ferri da Castion
für den Betrag von 2184 österreichischen Lire. Die Kirche
wechselte dann im Laufe weniger Jahrzehnte mehrmals den Besitzer,
bis sie 1870 von dem aus Torri stammenden Francesco Giacometti
erworben wurde, dessen Nachkommen sie bis heute im Besitzhaben.
Das kirchliche Gebäude hat, so
wie es sich heute zeigt, im Wesentlichen seine ursprüngliche
Struktur erhalten, auch wenn verschiedene Restaurierungsarbeiten,
angefangen bei den von Giacometti veranlassten bis zu den vom
einstigen Pfarrer Don Amadio Caobelli in den achtziger Jahren
veranlassten Arbeiten und der erst kürzlich im Jahre 2001
ausgeführten Bedeckung der Apsis, die Fassade und vor allem das
Dach verändert haben und Wohngebäude an die Seitenwände anschließen.
Die Fassade ist, wie bei romanischen Kirchen üblich, nach Westen
ausgerichtet und in der Mitte befindet sich der einzige Eingang,
überragt von einem rechteckigen Fenster, was auf die
Restaurierungsarbeiten von Giacometti zurückzuführen ist; die
Seitenwände sind, nicht mehr sichtbar, aber wenigstens im Osten
zeigt sich sehr schön die ursprüngliche Apsis mit ihrem
halbkreisförmigen Grundriss. Das Innere
hat ein einziges Kirchenschiff, das durch einen breiten Rundbogen
zum Presbyterium und zum Marmoraltar. Aus Holz hingegen sind das
Antependium und der Rahmen, der das Altarbild, von Francesco Marai
1711 gemalt und firmiert, umgibt, und die Madonna mit Kind,
verehrt von den Heiligen Faustino und Giovita. In der Nähe
des Bogens an der nördlichen Wand ist der Sarkophag aus Stein
freihängend auf zwei Konsolen aufgestützt,
der die sterblichen Überreste des seligen Malerba enthält, ein
Werk, das wir vielleicht dem Glauben
von Antonio Calderini verdanken, der auch die noch bis
heute lesbare Inschrift auf der Vorderseite verfasst haben soll :
“ VOCE MALERBA FVIT / SED RE DIFFVDIT ODORES / VT
FLOS CANDIDOR / QVEM PARADISVS HABET. MCCCCLXVIIII DIE TERCIO
DECEMBRIS (Er wurde Malerba genannt, aber mit seinem
Werk verbreitete er Wohlgerüche wie den der reinsten Blume des
Paradieses. 1469
3. Dezember)“. Auf einer Konsole der südlichen Seite
des Rundbogens steht eine Figur aus Glasfieber neuester
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Heilige Jungfrau mit Kind
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Die Heiligen Rocco und Sebastiano
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Produktion, die Jungfrau darstellt; auf der
südlichen Wand gibt es auch noch ein Holzkruzifix neuer Herstellung.
Schließlich erinnern kleine Holzkreuze daran, dass die Kirche
den Quellen zufolge 1491 geweiht wurde. Nachdem glücklicherweise
die langweilige Verzierung in klassischem Stil, von Giacometti um
1870 in Auftrag gegeben, entfernt worden ist, sind andere, mit
Fresken bemalte Überreste auf der nördlichen Seite des Rundbogens
ans Licht gekommen. Sie sind von beträchtlicher Bedeutung, weil das Wappenmotiv (3)
(ein geteiltes Schild mit Schachbrettmuster in rot und weiß im
unteren Teil und einem wilden Löwen, der mit dem Rumpf aus der
Teilung hervorgeht), jetzt lesbar, als Wappen der Familie Calderini
identifiziert worden ist und nicht nur gestattet, Antonio als
Auftraggeber der Fresken festzustellen, sondern sie auch ungefähr
auf das Ende des neunten Jahrzehnts des 15. Jahrhunderts
festzusetzen. Darunter bemerkt man die Statue eines Heiligen
Bischofs, vielleicht San Zeno. Auf der nördlichen Wand
folgen drei zeitgenössische Bilder aufeinander, von derselben Hand
gemalt: Thronende Madonna mit Kind zwischen den
Heiligen Rocco
und Sebastiano (4); Thronende Madonna mit Kind (5);
Zwei Heilige (6). Das erste Bild könnte auch an die
Pestepidemie, die Torri 1482 traf, erinnern, wie im Testament des
aus Torri stammenden Giovanni Antonio, Sohn des verstorbenen
Manfredo, am 26.Februar 1484 erstellt, erwähnt wird.
Auf dem Apsisbecken dominiert schließlich die Darstellung der
Dreifaltigkeit, ein auf das 17. Jahrhundert geschätztes Werk.
Giuliano Sala
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